Im Saal liegt der Geruch von süßem Popcorn in der Luft. Weiche, rote Sessel versprechen gemütliche Stunden. Langsam werden die Deckenlampen gedimmt, der Film fängt an.
Ein Szenario, das leidenschaftliche Kinogänger:innen in Pandiemiezeiten schmerzlich vermissen. Doch kommt es überhaupt wieder zurück, das gute alte Filmspielhaus? Netflix, Prime & Co haben da noch ein Wörtchen mitzureden.
Streaming ist seit Jahren ein fester Bestandteil der Entertainmentindustrie. Über Dienste wie Netflix, Amazon Prime oder Disney+ streamten im April und Mai 2021 allein in Deutschland 54 % Filme und Serien – im Vorjahr waren es noch 49 %, 2018 lag der Wert bei 41 %. Laut einer Umfrage sind ganze 82 % der unter 30-Jährigen mit einem Streaming-Abo ausgestattet.
Unterhaltungsangebote waren Mangelware, Kinos blieben geschlossen. Die logische Konsequenz: sämtliche Filme, Serien oder Dokumentationen wurden via Streaming „gebinged“ und „gesuchtet“.
Kino vs. Streaming – David gegen Goliath?
Lange Schlagen vor den Kinos? Aktuell Fehlanzeige. Einige Blockbusterpremieren wurden auf den Releaseday der Streaminganbieter verschoben. Die Pandemie sorgte bei der Filmindustrie für enorme finanzielle Einbußen. So sollen von März bis Mitte Juli 120.000 Menschen ihre Jobs verloren haben. Nicht mit einberechnet sind Cateringfirmen, Fahrer, Kinoangestellte.
Deshalb entschloss sich im März 2020 Universal als erstes Studio, aktuelle Kinofilme zum Streamen anzubieten. Diverse weitere Marktgiganten folgten, unter anderem auch Disney – ihnen spielt mit Sicherheit der eigene Streamingdienst Disney+ in die Karten. So wurden unter anderem folgende Kinofilme als Stream freigegeben:
- Black Widow auf Disney+
- Borat 2 auf Amazon
- Godzilla vs. Kong auf HBO
Netflix & Co stehen eigentlich in Konkurrenz zueinander. Besonders der Streaminganbieter mit prägnantem, rotem Logo überzeugt aktuell einem enormen Angebot an hochkarätigen Eigenproduktionen. Einige Filme wurden trotz der Möglichkeit, diese zu Streamen, in Kinos gespielt. So war der deutsche Kinostart von „Godzilla vs. Kong“ am 1. Juli 2021.
Unabhängig davon gehen die Zahlen von Netflix-Eigenproduktionen an die Decke: 62 Millionen Haushalte haben „The Queen’s Gambit“ auf Netflix geschaut – in den ersten 28 Tagen nach Veröffentlichung. Darüber freuen sich auch die Shareholder des Unternehmens. Die Netflix-Aktie stieg von ca. 288 Euro zu Beginn der Pandemie (Mitte März 2020) auf zwischenzeitlich 501,70 Mitte Juli. Aktuell liegt der Kurs bei 438,60 Euro (Stand: 28.7.21).
Keine Gäste, kein Problem?
Von November 2020 bis 1. Juli 2021 blieben Kinos in Deutschland pandemiebedingt geschlossen – ein Beispiel für ein Kino, das Insolvenz anmelden musste, ist das Traditionskino „Colosseum“ in Berlin.
Die gesamte Branche hat für den Termin zur Wiedereröffnung gekämpft. Kommen Gelder an? Wenn ja, wann? Was passiert mit Minijobber:innen wie Ticketverkäufer:innen, die für den laufenden Betrieb wichtig waren? Mit welcher Kapazität darf wieder eröffnet werden? Kommen überhaupt wieder Zuschauer in die Kinos?
Das „Sputnik Kino“, ebenfalls aus Berlin, suchte nach Lösungen – und wurde kreativ. Im Sommer 2020 boten sie spontan ein Freiluftkino an, um wenigstens einen Teil der Verluste wieder einzuspielen. Alle 120 Plätze war bei jeder Vorführung ausverkauft, wetterunabhängig.
Auch zur Wiedereröffnung am 01.07.2021 musste man abwägen: lohnt sich die Eröffnung überhaupt? Es gab kaum bis keine Einnahmen – von 0 auf 100 wieder zu starten, können sich die wenigsten leisten. Am meisten profitierten davon die Angestellten.
Dazu kommt die Frage: Welche Filme können gezeigt werden? Die Preise für die Lizenzen der Filme variieren. Durch die Verluste können viele Studios nicht mehr nach belieben aussuchen, was sie anbieten. Die Preise haben sich trotz des Überangebots an Filmen, welche darauf warten, in Kinos angespielt werden zu können, nicht verändert. Auch die Zahl an zugelassenen Zuschauern spielt hier eine entscheidende Rolle, da nötige Einnahmen fehlen, wenn statt 2000, nur 200 Zuschauer im Saal sitzen dürfen.
Trotz allem bleiben die Besitzer:innen optimistisch. Andrea Stosiek, Betreiberin des Sputnik Kinos, sagt:
„Ich glaube daran, dass Leute, die ins Kino wollen, auch ins Kino gehen. Du kannst auch eine Tiefkühlpizza essen, anstatt in die Pizzeria zu gehen, aber es schmeckt einfach nicht so gut, auch wenn es bequemer oder billiger ist.“
Eine friedliche Co-Existenz?
Zu den großen Gewinnern zählen definitiv Streaminganbieter. Durch Serien wie „The Mandalorian“ oder den oben genannten Filmen, die ursprünglich im Kino gezeigt werden sollten und schlussendlich über Onlineplattformen gezeigt wurden, haben die Anbieter profitiert. Die Zahlen sprechen für sich.
Doch muss Kino und Streaming in Konkurrenz stehen? Könnten beide Branchen nicht nebeneinander, vielleicht sogar miteinander existieren und sich ergänzen?
Exklusive Kinostarts vor der offiziellen Veröffentlichung der Filme auf Streamingplattformen sowie DVD/BluRay wäre eine Möglichkeit, beide Konzepte miteinander zu verbinden. Kinos bieten sich optimal an, um Dates zu verbringen und schönen Abende außerhalb der eigenen vier Wände zu verbringen. Das Konzept könnte grundlegend überarbeitet werden und an die neuen Gegebenheiten angepasst werden.
Wie auch immer: Streaming ist nicht mehr wegzudenken und hat sich innerhalb der letzten Jahre zu einem neuen Gefühl des Filmeschauens entwickelt – die Pandemie hat eine sich längst abgezeichnete Entwicklung zum Durchbruch gebracht.
Trotzdem könnten beide Branchen nebeneinander existieren – eben mit dem passenden Konzept.
Die Expertise einer Social Media und Influencer Agentur kann dabei helfen, bei On- und Offline-Trends up-to-Date zu bleiben.